Kuratorischer Text

Behind the Smart World –
Daten speichern, löschen und wiederherstellen


Agbogbloshie ist ein Stadtteil in der Millionenmetropole Accra im westafrikanischen Ghana. Hier befindet sich eine der größten Elektro-Müllhalden. 22 nach Österreich zurückgebrachte Festplatten bilden den Ausgangspunkt der Ausstellung. Neben den materiellen und ausbeuterischen Schattenseiten des schmutzigen Geschäfts mit elektronischem Müll sammelt die Ausstellung künstlerische Positionen, die sich mit dem Wert digitaler Information und unserer konstanten Produktion von Daten beschäftigen. Das Sichern, Löschen und Wiederherstellen von Information ist Teil unseres Alltags. Wir hinterlassen nicht nur materielle Spuren, die fatale Auswirkungen für Menschen und unsere Umwelt haben, sondern auch digitale Spuren, deren Wert es zu hinterfragen gilt.

Die smarte Welt. Der Begriff wurde von politischen Entscheidungsträgern, der Werbebranche und der Kreativwirtschaft erfunden, um uns eine Welt bestehend aus glänzenden neuen Technologien zu verkaufen. Eine Welt, in der Apps und Smart Cities so viele Daten sammeln, wie nur möglich, und die uns verspricht, damit alle Probleme der Menschheit zu lösen.  Aber hinter der Fassade der smarten Welt veralten unsere glänzenden neuen Gadgets so schnell wie nie zuvor und verwandeln sich in giftige Elektro-Abfälle. Gleichzeitig haben sich diese Apps und smarten Städte in einen umfassenden Überwachungsapparat verwandelt, mit dem Regierungen und Unternehmen unsere Daten sammeln und speichern. Es gibt Probleme, die die smarte Welt lösen kann. Aber unser informationshungriger Lebensstil wirft neue Probleme in Bezug auf Elektronikabfall, Datenschutzverletzung, Privatsphäre und Dateneigentum auf.

Daten werden gespeichert, gesichert, kopiert, geteilt und mit Gewinn verkauft. Das führt dazu, dass Daten zu löschen komplizierter ist, als einfach nur den Mülleimer zu leeren. Die Zerstörung einer Festplatte ist die effektivste Art und Weise Daten zu löschen; wenn wir Clouddienste benutzen, verlieren wir sogar diese Kontrolle, da wir nicht mehr in der Lage sind, die Daten wirklich zu löschen oder zu vernichten. Aber auch wenn wir eine Festplatte zerstören, hinterlässt der Datentod einen physischen Kadaver. Und zwar einen ziemlich toxischen, einen, der nicht leicht verwest, und chemische Stoffe und Mineralien enthält, von denen manche es wert sind, wiederaufbereitet zu werden.

Wenn aber die Löschung fehlschlägt, können wir die Daten von den Festplatten recyclen? Spuren unserer Daten, die einst verloren, vergessen, weggeworfen oder gelöscht wurden, tauchen wieder auf. Können diese Daten wiederverwendet oder missbraucht werden oder sind sie einfach digitaler Müll? Die künstlerischen Arbeiten dieser Ausstellung nutzen Daten, die wieder zum Vorschein gekommen sind, und verbinden scheinbar immaterielle Informationen mit ihren materiellen Trägern.

Ein Projekt von Linda Kronman & Andreas Zingerle (KairUs), realisiert in Zusammenarbeit mit servus.at.